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Eugen Bieder und die Chronik der Staatlichen Hochschule für Musikerziehung Berlin-Charlottenburg (26. Juni 1934 - 20. Februar 1945)

Karl H. Pröpsting

 

1. Die Staatliche Hochschule für Musikerziehung Berlin

 

a. Die Historie des Institutes

Die 1696 gegründete Akademie der Künste war bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts eine Akademie ohne musikalischen Bereich, im Volksmund als „Zeichenschule“ bezeichnet. Um die sinkende Bedeutung zu Zeiten der Aufklärung zu stoppen und das musikalische Defizit zu beheben, wandte sich der Kurator der Stiftung von Hardenberg 1803 an die Mitglieder mit der Bitte um „Vorschläge für eine bessere Verwirklichung des Akademiegedankens.“ Mit der Antwort Zelters trat eine lebhafte Diskussion ein, die letztlich mit der Gründung des Instituts für Kirchenmusik endete. Zelter, der sich in Berlin durch die Leitung der Singakademie, durch die Gründung der Liedertafel 1808 und durch seine Kompositionen einen ausgezeichneten musikalischen Ruf erworben hatte, war mit diesem Renommee prädestiniert für die Übernahme der Leitung dieses Instituts. Nach der königlichen Genehmigung 1809 wurden allerdings erst im Jahr 1822 die notwendigen Mittel bereitgestellt. Die schon seit 1820 laufenden Unterrichtsbemühungen durch Zelter, Bernhard Klein von der musikalischen Bibliothek der Universität und August Wilhelm Bach (einem ehemaligen Schüler Zelters) firmierten unter dem Titel „Musikalische Bildungsanstalt“.(1) 

Das nach der offiziellen Gründung seit 1822 im preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung geführte „… Musikalische Institut zu Berlin behufs der Beförderung der Kirchen-Musik, und Ausbildung von Organisten und Musiklehrern an Gymnasien und Schullehrer-Seminaren“, kurz „Kirchenmusikschule“, war den Berlinern noch eher als „Orgelinstitut“ geläufig.(2) Zelter wurde 1923 mit der Leitung beauftragt, da die Arbeit von Klein als nicht hinreichend empfunden wurde. Diese etwas verkürzte Darstellung einer komplexen Entwicklung über zwei Jahrzehnte ist von Wolfgang Dinglinger sehr übersichtlich und detailliert beschrieben in seinem Aufsatz Zelters musikalische Bildungsanstalt und die Gründung des Instituts für Kirchenmusik.(3)

Die geplante Angliederung an die Akademie der Künste ließ allerdings noch Jahrzehnte auf sich warten, erst 1875 wurde es als „Königliches Akademisches Institut für Kirchenmusik“ mit der Akademie der Künste verbunden.(4)

1922 zur 100-Jahr-Feier wurde schließlich der Titel geändert in „Staatliches Akademisches Institut für Kirchenmusik“.(5) Am 30. Oktober 1935 wurde dann per ministeriellem Erlass aus der bisherigen Akademie die „Staatliche Hochschule für Schulmusik und Kirchenmusik“.(6)

Die Beherbergung des Institutes machte einen provisorischen Eindruck, wenn man die relativ vielen Ortswechsel berücksichtigt: nach anfänglichem Unterrichtsstunden auch in den privaten Räumlichkeiten der wenigen Dozenten gab es erst ab 1853 ein festes Domizil in der Spandauerstr. 22, ab 1865 in Neukölln an der Adresse „Am Wasser 14“ (dem heutigen „Märkischen Ufer“). Das Königliche Instititut für Kirchenmusik wechselte 1874 zur Alexanderstr. 22, von wo es 1883 in die Oranienburgerstr. 29 verzog.(7) 

Die Universität der Künste beschreibt die weitere Entwicklung zum heute noch bestehenden Gebäude des Institutes folgendermaßen:

„1889 erhielt die Einrichtung ein eigenes Haus im Garten der 1869 gegründeten Hochschule für Musik in der Potsdamer Straße 120. Der Neubau in der Hardenbergstraße, seinerzeit als Eckhaus eingebunden in die im Krieg zerstörte Wohnbebauung, die sich zum heutigen Ernst-Reuter-Platz erstreckte, wurde an der Außenseite in grob behauenem rotem Sandstein ausgeführt, und war auf Wunsch des damaligen Direktors Robert Radecke „von außen durch ein Thürmchen” gekennzeichnet. In diesem Türmchen, im Turmzimmer, das über eine Galerie in der Aula erreicht werden kann, ist heute ein Teil der Institutsbibliothek untergebracht.“(8) Dieser besagte Neubau in der Hardenbergstr. 36 konnte am 17. Mai 1903 nach zweijähriger Bauzeit bezogen werden und ist noch heute Teil der UdK Berlin. Mit dieser Historie ist das Institut der älteste Vorläufer der UdK Berlin auf dem Gebiet der Musik.(9)

Mit Robert Radecke kam 1892, nach 70 Jahren, endlich ein Musiker an die Spitze der Akademie, der nicht dem kirchenmusikalischen Milieu entsprang und dem zweiten Namensteil (…und Ausbildung von Organisten und Musiklehrern an Gymnasien…) etwas mehr Gewichtung verschaffen konnte. Radecke war noch nicht in der Lage, den pädagogischen Impetus der Akademie zu wecken, das gelang erst seinem Nachfolger Kretzschmar, er lenkte aber den Blick von der übermächtigen Kirchenmusik hin mehr zur weltlichen, in der er auch sein Metier fand. Mit der auch und gerade von Leo Kestenberg initiierten Ausbildungsreform fand in den 1920er Jahren eine Wandlung statt, mit der die Hochschulen die pädagogische Seite der musikalischen Ausbildung forcieren mussten und so auch die hier beschriebene Hochschule entstand. 

Die Entwicklung des Instituts im tabellarischen Überblick(10) incl. der Direktoren: 

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b. Die Beschreibung der Chronik als Quelle.
 

Eine Chronik stellt einen „Bericht über geschichtliche Vorgänge in zeitlicher Anordnung, jedoch nicht auf der Grundlage der Kalender-Jahre (Annalen), sondern im größeren chronologischen Zusammenhang“(11) von Regierungszeiten u.Ä. dar. Im Folgenden soll die Chronik als Quelle vorgestellt und in ihren bedeutendsten inhaltlichen Bereichen erläutert und dargestellt werden.

Die vorliegende Chronik ist im Archiv der Universität der Künste Berlin (UdK Berlin) unter dem Aktenzeichen Bestand 2 in sieben Partitionen zu finden:

Bestand 2, Nr. 30 vom April 1941 bis Dezember 1942;

Bestand 2, Nr. 31 vom Januar 1943 bis Juli 1944;

Bestand 2, Nr. 32 vom August 1944 bis Januar 1945;

Bestand 2, Nr. 658 von Juni 1934 bis September 1938;

Bestand 2, Nr. 659 Bd. 1 vom September 1939 bis Mai 1940;

Bestand 2, Nr. 659 Bd. 2 vom Mai 1940 bis März 1941;

Bestand 2, Nr. 660 vom Januar 1945 und Ergänzungen zu Bd. 2;

Von diesen sieben Teilen ist nur in der Nr. 30 der offizielle Aktendeckel mit folgenden, jeweils handschriftlich in die Freistellen eingetragenen Informationen zu finden:

Am oberen Rand: Direktor Prof. Dr. Bieder.

Mittig in die dafür vorgesehenen Zeilen:

Chronik der Staatlichen Hochschule für Musikerziehung Berlin — III. Band

Das Wort „Chronik“ und die Bezeichnung „III. Band“ sind doppelt unterstrichen, die weiteren Worte einfach.

In die Rubrik angefangen ist „1. April 1941“ eingetragen, die Rubrik beendigt ist freigelassen. Die einzelnen Teile sind mit der Schreibmaschine geschrieben, in Einzel- oder Doppelseiten digitalisiert und folgendermaßen am oberen Rand der Seiten durchnummeriert:

Nr. 658 ist oben mittig von S.1-96 maschine-geschrieben durchnummeriert (S. 3a, S. 55/56 und S. 59-62 handgeschrieben), von S. 97-288 handschriftlich.

Nr. 659, Bd. 1 ist oben mittig handschriftlich von S. 1-249 durchnummeriert, wobei die beiden letzten Seiten offensichtlich nachträglich angehängt sind.

Nr. 659 Bd. 2 ist oben mittig handschriftlich von S. 248-472 durchnummeriert.

Nr. 30 ist oben mittig handschriftlich von S. 1-277 durchnummeriert, zusätzlich noch rechts oben pro digitalisierter Einzel- oder Doppelseite handschriftlich von 1-227.

Nr. 31 ist oben mittig von S. 278-481 handschriftlich durchnummeriert, wobei alle Zahlen leicht mit einem Bleistiftstrich durchgestrichen sind. Zusätzlich gibt es wiederum den handschriftlichen Eintrag auf jeder digitalisierten Einzel- oder Doppelseite rechts oben von S. 228-441.

Nr. 32 ist oben mittig handschriftlich von S. 483-531 (482 ist inhaltlich nicht als fehlend anzumerken, da chronologisch fortlaufend berichtet wird), wobei auch hier die Seitenzahlen mit einem leichten Bleistiftstrich durchgestrichen sind. Wiederum ist oben rechts die handschriftliche fortlaufende Zählweise pro digitalisierter Einzel- oder Doppelseite von S. 442-520 zu finden.

Nr. 660 ist handschriftlich oben mittig von S. 538-541 durchnummeriert. Hier gibt es keine Streichungen und auch keine ergänzende Zählweise oben rechts. In der tabellarischen Übersicht gestaltet sich der Aufbau der Chronik wie folgt:  

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Die hinzugefügte Zählweise des Digitalisates bezieht sich nur auf die Nr. 30-32. Die ursprüngliche Zählweise ist in den Nr. 658 und 659 (Bd. 1 und 2) jeweils in sich geschlossen angelegt, die Nr. 30, 31, 32 und 660 sind fortlaufend durchnummeriert. Insgesamt besteht die Chronik somit aus knapp 1300 Seiten. In meinen Ausführungen über dieses Zeitzeugnis werde ich mich auf die ursprüngliche (auf den Seiten oben mittig angebrachte) Zählweise berufen. Vermutlich auf Grund der handschriftlichen Namensnotiz Prof. Eugen Bieders auf dem offensichtlich einzig erhaltenen vorderen Aktendeckel ist diese Chronik dem langjährigen Leiter der Akademie resp. Hochschule zugeschrieben worden. Liest man diese Chronik, so stellt man sich spätestens mit der Einberufung Eugen Bieders am 10.9.1939 die Frage, wie es ihm unter den gegebenen Umständen noch möglich war, eine derartige Chronik zu verfassen. Aber schon im ersten Teilbestand von Juni 1934 bis September 1938 gibt es auf einer nicht bezifferten Seite neben der Seite 34 den Hinweis vom 15.9.1935, dass der Schreiber der Chronik der Verwaltungs-Obersekretär Erwin Körner ist,(12) ebenso auf einer weiteren Seite oben rechts die Information „Herrn OS. Körner für die Chronik!“ Karl Rehberg charakterisiert diesen Obersekretär ohne Namensnennung in seinen Erinnerungen als „äußerst freundlich, entgegenkommend, hilfsbereit, aber ein blinder Nationalsozialist“, privat Ortsgruppenleiter in Berlin-Dahlem.(13)

2. Die Vita Eugen Bieder 

Die Person Eugen Bieder soll hier näher vorgestellt werden, weil sie einerseits — wenn auch versehentlich oder fälschlicherweise — zum Namensgeber für diese Chronik wurde, andererseits Eugen Bieder auch der Leiter der Hochschule in diesem maßgeblichen Zeitraum gewesen ist. Eugen Bieder wurde im Frühjahr 1934 zum Leiter der damaligen Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik ernannt. Er löste den als Interimslösung fungierenden Leiter Dr. Fritz Stein von der Berliner Hochschule für Musik ab, der nach der Entlassung Hans Joachim Mosers 1933 schon mit dem „Aufräumen“ im nationalsozialistischen Sinne begonnen hatte.

Eugen Bieder wurde am 23. Januar 1897 als Eugen Karl Hugo Bieder in Berlin geboren, die Eltern waren der Buchhalter Eduard Hermann Arthur Bieder und seine Ehefrau Anna Hedwig Luise Bieder, geb. Ahlmann, wohnhaft in der Danzigerstr. 77 zu Berlin.(14)

Bieder studierte seit 1915 an der Universität Berlin und an der Hochschule für Musik, wurde im März 1916 allerdings zum Wehrdienst eingezogen und im Januar 1918 als Leutnant der Reserve, Inhaber des Ehrenkreuzes I und Träger der Frontkämpferehrenzeichens entlassen.

Er nimmt sein Studium an der Universität in Berlin auf und ebenfalls am Institut für Kirchenmusik, an der er 1921 seine Abschlussprüfungen besteht. An der Universität Berlin promoviert er 1923 über F.J. Marpurg.(15)

Für Eugen Bieder zeichnet sich folgende berufliche Laufbahn ab:

1.4.1921 bis 31.3.1925 Musiklehrer an der Staatlichen Bildungsanstalt Lichterfelde

1.4.1925 bis 31.3.1930 Oberschullehrer (Beamter) ebenda(16)

Februar 1929 Künstlerische Staatsprüfung(17)

1.4.1930 bis 30.9.1933 Studienrat in Lichterfelde

1.10.1933 bis 31.3.1935 Professor an der Staatlichen Musikhochschule Berlin(18)

1.4.1935 bis 8.5.1945 Akademiedirektor (Hochschuldirektor) an der Akademie für Kirchen- und Schulmusik Berlin(19) (später umbenannt in Staatliche Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik) 

Bieder wird am 26. Juni 1934 per Erlass des preußischen Ministers mit der Leitung der Akademie für Kirchen- und Schulmusik beauftragt, am 20. Juli während der Semesterabschlussfeier als Leiter der Akademie eingeführt und am 26. August 1935 durch den Reichs- und Preußischen Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung zum Direktor der Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik auf der neu geschaffenen Direktorstelle mit Wirkung vom 1. April 1935 ernannt.(20)

Am 7.9.1939 wird Bieder als Kriegsverwaltungsrat beim OKW eingezogen und kommt in den besetzten Gebieten (Frankreich) zum Einsatz.(21) Er verunglückt auf einer Dienstreise am 28.1.1942 mit dem Kfz, ein Lazarettaufenthalt schließt sich an.(22) Krankheitsbedingt folgt ein weiterer Lazarettaufenthalt in Frankreich in der Zeit um den 22.5.1942. Am 25.3.1943 wird Bieder zur Forschungsabteilung in Berlin versetzt und übernimmt dort neben seiner Tätigkeit als Kriegsverwaltungsrat am 17.9.1943 wieder die Leitung der Hochschule.(23)

Die Gefangennahme am Kriegsende wird schon bald wieder durch die Entlassung am 14.8.1945 beendet.(24)

Eugen Bieder ist am 1.5.1933 mit folgender Nr. 2.579.905 in die NSDAP eingetreten und war darüber hinaus Mitglied in folgenden Organisationen:

NSD-Do z e n t e n b u n d ; NSV (Na t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e Vo l k swo h l f a h r t ) ; RLB (Reichsluftschutzbund), NSD-Altherrenbund; RKK (Reichskulturkammer).(25) Diese Mitgliedschaften haben den Fortgang seiner Karriere sicherlich erleichtert.

Bieder wurde am 6.11.1947 durch den Entnazifizierungsausschuss Hamburg dem Artikel VI der Militärregierungs-verordnung Nr. 79 gemäß als entlastet erklärt.(26) Seine berufliche Nachkriegslaufbahn bestand aus zwei Stationen: vom 6.11.1945 bis 30.9.1946 war er an der „Schule für Musik und Theater der Hansestadt Hamburg“(27) als Lehrer tätig und vom 1.10.1946 bis 10.4.1952 an der „Schule für Musik und Theater der Hansestadt Hamburg“ und deren Nachfolge-Institut „Staatliche Hochschule für Musik Hamburg“. Bis zum 30.9.1947 hatte er einen Lehrauftrag, vom 1.10.1947 an war er als Leiter der Abteilung „Theoretisch-wissenschaftliche Fachgebiete“ fest angestellt und unterrichtete in den Fächern Klavierspiel, Kammermusik, Gehörbildung, Generalbass-Spiel, Satzlehre (Harmonielehre und Kontrapunkt), Form- und Stillehre, Musikgeschichte, Literaturkunde und Musikwissenschaft.(28)

Nach dem Tod seiner ersten, nervenkranken Frau, die am 26.4.1940 in Berlin stirbt,(29) war er seit dem 2.1.1943 zum zweiten Mal verheiratet mit der fremdsprachlichen Korrespondentin Gertrud Bieder, geb. Weber am 16.4.1915 in Hohenlimburg. Ihre Eltern waren der Gutspächter Wilhelm Weber und dessen Ehefrau Maria Elisabeth Weber, geb. Eikenbusch.(30) Das Ehepaar Bieder hatte zwei Kinder:

1. Beate Liselotte, geb. am 12.10.1943 in Templin

2. Dorothea Tessa, geb. am 23.10.1946 in Hamburg-Rotherbaum(31)

Seine letzte Hamburger Wohnadresse war Hamburg-Olsdorf, Platenstr. 3, wo er am 10.4.1952 verstarb.(32)

Die Angaben zur Person des Eugen Bieder in der Entnazifizierungsakte widersprechen sich verschiedentlich: Während Fritz Jöde(33) ihm menschliche und künstlerische Qualitäten für die ihm übertragenen Positionen absprach, war er nach Meinung anderer (Prof. Martens; Dipl.Ing. Schweninger aus München; Prof. Dr. Schumann) organisatorisch sehr fähig und ggf. sogar als Widerständler einzustufen.(34) Jödes Einschätzung ist vielleicht von der Tatsache beeinflusst, dass unter der Ägide Bieder Fritz Jöde seine Anstellung als Dozent an der Hochschule verlor. Weder für die Aussagen von Prof. Martens u.a. als auch für die von Fritz Jöde gibt es an dieser Stelle Belege, auch nicht für die viel differenziertere Stellungnahme zu Eugen Bieder von Karl Rehberg, der ihn in seinen Erinnerungen von 1982 über zweieinhalb Seiten in seinen Tätigkeiten und seinem Charakter beschreibt.(35)

 

3. Die Struktur der Chronik

 

Die vorliegende Chronik schildert in naturgemäß datumsbezogener Abfolge, wobei diese an nur sehr wenigen Stellen durch Einschübe unterbrochen wird, in sachlicher Form alle Ereignisse, die für das Geschehen am Institut von 1934 bis 1945 unter der Leitung von Dr. Eugen Bieder von Bedeutung waren: Prüfungen (Aufnahme-, Zwischen- und Endprüfungen) werden ab 1937 detailliert mit namentlichen Ergebnissen wiedergegeben, alle vom Institut initiierten Ereignisse (Konzerte, Fortbildungen, Semesterveranstaltungen etc.) werden dargestellt, ebenso alle personellen Veränderungen (Abschiede, Neueintritte, Beförderungen etc.), aber auch formal-sachliche Begebenheiten wie politische und behördliche Weisungen, Anschaffungen, bauliche Veränderungen usw. Mit Kriegsbeginn im September 1939 besteht der mehrheitliche Teil der Nachrichten aus Meldungen des OKW (Oberkommando der Wehrmacht), politischen Meldungen und - überraschenderweise - aus den Meldungen über Bombenangriffe (Fliegeralarm) auf Berlin, die offensichtlich schon 1939 intensiv die Nachtruhe der Berliner Bevölkerung beeinträchtigt hatten. Diese in der Regel sehr kurzen Nachrichtenabschnitte sind auch optisch sehr leicht zu erkennen, da sie in einem engeren Zeilenabstand geschrieben wurden. 

Mit Beginn des Unternehmens “Barbarossa“ (Feldzug gegen die Sowjetunion) am 22. Juni 1941 werden die Verbreitung von militärischen und politischen Nachrichten in der Chronik vom geschäftsführenden, stellvertretenden Direktor Prof. Dr. Martens untersagt. Es ist nicht zu erkennen, ob dieses auf Weisung oder auf eigene Initiative hin erfolgte. Da der Überfall auf die Sowjetunion anfänglich sehr erfolgversprechend verlief, ist anzunehmen, dass aus Gründen militärischer Geheimhaltung die Nachrichtensperre angewiesen wurde. Der Direktor des Instituts Eugen Bieder ist zu diesem Zeitpunkt als Soldat eingezogen. Lediglich die Meldungen über Fliegeralarme werden beibehalten, dünnen sich aber aus, bis sie im Januar 1942 eingestellt werden. Vom Zeitpunkt des Kriegsbeginns an nehmen die Rundbriefe (s. Kap. 8) einen dauerhaften, aber unterschiedlich großen Raum ein. Mit diesen und den Todesmeldungen über aktuelle und ehemalige Mitglieder des Institutes halten die Kriegshandlungen direkt Einzug in die Chronik des Institutes. 

4. Die innere Struktur und die genutzten Lokalitäten

der Hochschule während der nationalsozialistischen Zeit

 

a. Die innere Struktur der Hochschule

 

In der Chronik sind in den ersten Jahren keine organisierten Hinweise über die Struktur der Akademie, ab 1935 der Hochschule zu finden. Erst die für vier fortlaufende Semester (WS 1941/42 bis SS 1943) der Chronik beigefügten Hefte mit dem Titel Personalverzeichnis und Arbeitsplan(36) geben einen genaueren Überblick. Die Hefte enthalten folgende Rubriken: 

Aufbau der Hochschule

Direktor

Lehrkörper

      1. Beamtete Professoren

      2. Beamtete Dozenten

      3. Außerordentliche Lehrkräfte

      4. Mit Vorlesungen, Übungen und Unterricht beauftragt

      5. Mit Vertretungen beauftragt

Verschiedenes

Bücherei

Geschäftsstelle

Hausverwaltung

Vorlesungen und Übungen 

- Erziehung und Unterricht

- Musikwissenschaft

- Kirchenmusik

- Kunstübung

Seminar für Privatmusikerzieher

Staatlicher Lehrgang für Volks-und Jugendmusikleiter

Die erste Rubrik Aufbau der Hochschule enthält dazu detaillierte Angaben:

Abt. Musikerziehung

a. Vorbereitung für das künstlerische Lehramt an Höheren Schulen. Studiendauer: 6 Semester

b. Fortbildungsstudium für Volksschullehrer. Dauer: 4 Semester. Staatliche Abschlussprüfung. (Im Arbeitsplan als Semester A-D bezeichnet.)

Abt. Kirchenmusik

a. Viersemestriges Studium; Abschluss: Staatliche Prüfung für Organisten und Chorleiter.

b. Achtsemestriges Studium; Abschluss: Staatliche Prüfung für Diplomkirchenmusiker.

Seminar für Privatmusikerzieher

Berlin-Charlottenburg, Hardenbergstr. 36.

Zweijähriges Studium mit Staatlicher Prüfung.

Staatlicher Lehrgang für Volks- und Jugendmusikleiter.

Zweijährige Ausbildung in Verbindung mit der Reichsjugendführung. Staatliche Abschlussprüfung.

Staatliche Lehrgänge für Leiter und Lehrer an Musikschulen für Jugend und Volk

Dauer: 8 Wochen, zur Zeit (1941)(37) ruhend 

Schulungsamt 

Lehrgänge und Einzelveranstaltungen zur Fortbildung der im Beruf stehenden Musikerzieher. Aus dieser Darstellung kann man mehrere Gegebenheiten erkennen: den Kern der Hochschule bildete die Ausbildung im Bereich der Musikerziehung und der Kirchenmusik, dem ursprünglichen Gründungsinhalt. Diesem beigeordnet waren das eigenständige Seminar für Privatmusikerzieher, der Staatliche Lehrgang für Volks- und Jugendmusikleiter und die Staatlichen Lehrgänge für Leiter und Lehrer an Musikschulen für Jugend und Volk, jeweils mit unterschiedlichen Intentionen und Dauern. Insbesondere die beiden Letzteren lagen den Nationalsozialisten sehr am Herzen, da über sie der Einfluss auf die Jugend sehr eindringlich ausgeübt werden konnte. Dieser Eindruck wird durch die Lehrerkonferenz vom 15. Oktober 1942 verstärkt, in der der stellvertretende Direktor Prof. Martens bekannt gab, dass „der Lehrgang für Volks- und Jugendmusikleiter in ein Seminar für Musikerzieher der HJ. umgewandelt ist und dass die Studienzeit auf sechs Semester erhöht ist. Die Leitung übernimmt zunächst Herr Oberbannführer Stumme. … da nunmehr der Lehrgang fest in die Hochschule eingegliedert ist.“(38) Oberbannführer Stumme ist seit dem WS 1934/35 (15. Oktober 1934) Lehrer für Volks- und Jugendmusikleiter,(39) war Leutnant der Reserve, wurde am 2.12.1939 eingezogen und war ab dem 18. August 1942 erneut Lehrer am o.g. Lehrgang. Dieser selbst ist zum SS 1936 eingerichtet worden und dauerte zunächst ein Jahr. Lehrkräfte waren mehrheitlich die Hauptreferenten des Kulturamtes der Reichsjugendführung, die zugleich Lehrer an der Hochschule waren.(40) Oberbannführer Stumme trug mit diesem Dienstgrad den Rang eines Oberst in der Wehrmacht. 

b. Die genutzten Lokalitäten

Mit der Eröffnung des Eosandersaales in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg, damalige Anschrift Fasanenstr. 1, und weiteren Räumlichkeiten im Januar 1937 standen dort weitere Unterrichtsräume zur Verfügung. Von diesem Zeitpunkt an ist hier auch die Verwaltung der Hochschule zu finden bis zur Ausbombung des Schlosses im Herbst 1944. Dann erfolgte der Umzug zurück in die Hardenbergstr. 36. Darüber hinaus wurden folgende Säle und Lokalitäten für Darbietungen genutzt: 

Aula der Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik, Hardenbergstr. 36

Festturnhalle des Hochschulinstitutes für Leibesübungen, Karlstr. 12

Schubertsaal, Berlin-Schöneberg, Bülowstr. 104

Neue Aula der Universität Berlin, Kaiser-Franz-Joseph-Platz

Großer Saal des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, Potsdamerstr. 120

Kuppelsaal auf dem Reichssportfeld

Haus des NSLB (Nationalsozialistischer Lehrer-Bund), Alexanderplatz 4

Musikheim des Instituts in Frankfurt/Oder

Staatliche Sammlung alter Musikinstrumente, Klosterstr.

Stamm-Mannschaftshaus der Berliner Musikstudenten

       und Stammhaus des NSD-Studentenbundes, Berlin-Grunewald, Hubertusallee 24

Studentenhaus des Instituts, Oranienburgerstr. 18

Zahlreiche Schulen, mit denen das Institut kooperierte

Viele dieser Lokalitäten wurden zu spezifischen Gelegenheiten genutzt, die an diese Örtlichkeiten gebunden waren, wie z.B. die Festturnhalle des Instituts für Leibesübungen zum dies academicus (Tag der Leibesübungen für alle Fakultäten). In regelmäßiger Nutzung durch die Hochschule standen die Räumlichkeiten in der Orangerie am Schloss Charlottenburg, dort insbesondere der Eosandersaal, die Räumlichkeiten in der Hardenbergstr. 36, das Musikheim in Frankfurt/Oder (bis zur Beschlagnahmung durch die Heeresverwaltung am 28. August 1939,(41) das Stamm-Mannschaftshaus der Berliner Musikstudenten und Stammhaus des NSD-Studentenbundes und das Studentenhaus des Instituts. 

5. Das Studienangebot der Hochschule

 

a. Das verpflichtende Deputat

Detailliertere Informationen zu den einzelnen Semestern sind anfänglich nicht in der Chronik verzeichnet. Das oben näher beschriebene Heft mit dem Titel Personalverzeichnis und Arbeitsplan (s. Kap. 4a) gibt hierzu weitere Auskünfte. Für das WS 1941/42 wird das Heft durch ein 28seitiges und für das SS 1942 durch ein 10seitiges Studienbuch für die Fachrichtung Musikerziehung ergänzt. Für die beiden nachfolgenden Semester ist auf den Abdruck eines Studienbuches verzichtet worden.

Das Studienbuch des WS 1941/42 gibt durch eine für sechs Semester gleichlautende Auflistung der zu belegenden Veranstaltungen einen detaillierten Überblick über das verpflichtende Angebot der Musikhochschule in diesem Bereich:

 

I. Musische Erziehung:

1. Allgemeine Einführungsvorlesung

2. Musikerziehung in der Volksschule: Vorlesung - Lehranweisung - Übung;

3. Musikerziehung in der Höheren Schule:

     a. Unterstufe: Vorlesung - Lehranweisung - Übung;

     b. Mittel- und Oberstufe: Vorlesung - Lehranweisung - Übung;

     c. Jugendchor, Jugendorchester;

4. Volksliedkunde: Vorlesung - Übung

5. Feier- und Freizeitgestaltung: Vorlesung - Übung;

6. Volksspiel:

     a. Schatten- und Puppenspiel: Vorlesung - Übung;

     b. Laienspiel: Vorlesung - Übung;

II. Kunstübung:

7. Sing- und Sprecherziehung:

    a. Singen: Einzelunterricht;

    b. Sprechen: Vorlesung - Übung;

    c. Stimmwissenschaft: Vorlesung;

8. Instrument:

    a. Hauptinstrument

    b. Nebeninstrument

    c. Nebeninstrument

    d. Klavier als verbindliches Fach

9. Musiklehre:

    a. Gehörbildung

    b. Generalbass- und Partiturspiel

    c. Tonsatz und Komposition

10. Sing- und Spielgruppen:

    a. Chor

    b. Orchester

11. Chor- und Orchesterleitung:

    a. Chorleitung

    b. Orchesterleitung

III.

12. Musikgeschichte:

    a., b. Vorlesung - Übung

IV. Künstlerisches Wahlfach:

13. Musikwissenschaft:

    a., b., c. jeweils Vorlesung - Übung

14. Rhythmische Erziehung: Vorlesung - Übung

15. Komposition: Einzelunterricht

V. Sonstige Vorlesungen und Übungen:

a. - f. Bemerkungen (Schlussrubrik)(42)

Jede Seite war in der ersten Zeile mit der Semesterbezeichnung und der Angabe des Fach-Studiensemesters versehen. Jede einzelne Rubrik schloss mit der Angabe des Datums und der Unterschrift des Lehrers, jeweils zur Anmeldung und zur Abmeldung der einzelnen Veranstaltung. Das zweite, wesentlich kürzere Studienbuch aus dem SS 1942(43) gibt neben der Semester- und der Fachsemesterangabe nur noch folgende Rubriken an:

Name des Lehrers, Unterrichtsfach, Stundenzahl;

Bescheinigung des Lehrers, Anmeldung mit Name und Datum, Abmeldung mit Name und Datum, Bemerkungen.

Bezeichnend für die verpflichtenden Studienleistungen ist der Überhang an praktischen Fertigkeiten im Verhältnis zu den theoretischen, was im pädagogischen Bereichen nicht selbstverständlich ist. Es wird überraschend viel Wert auf praktisch ausübende Tätigkeiten gelegt, wenn die Tiefe der Ausbildung qualitativ mit der Breite einhergeht, ist es ein höchst anspruchsvolles Studium. Auch die Möglichkeit einer Verbindung zur Musikwissenschaft im Wahlpflichtbereich ist für diesen Studiengang nicht a priori gegeben.

 

b. Das fakultative Angebot neben den Studienverpflichtungen

Das diesbezügliche Angebot der Akademie war — selbst nach heutigen Maßstäben — vorbildlich. Das dem Institut angeschlossene Schulungsamt organisierte alle Fortbildungsmaßnahmen. Dem Institut gehörte ein Musikheim in Frankfurt/Oder, das für Fortbildungsmaßnahmen genutzt wurde, wobei die Unterhaltungskosten zwischen dem Institut und der Stadt Frankfurt/Oder aufgeteilt wurden.(44) Die Chronik berichtete weiterhin regelmäßig über die Vorbereitung und die Einführung des ersten musischen Gymnasiums 1939 in Frankfurt/Main wie auch über die des zweiten musischen Gymnasiums in Leipzig. Die von Leo Kestenberg, Ministerialrat im preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, initiierte und schon 1921 geforderte Gründung von Musikgymnasien wurde prinzipiell von den Nationalsozialisten zwar aufgegriffen, aber in der Benennung und auch inhaltlich geändert in musisches Gymnasium (s.u.).

Von den 54 aufgefallenen unterschiedlichen Angeboten — neben den verpflichtenden Semesterveranstaltungen — gibt es 29, die nur einmal oder zweimal angeboten wurden, vermutlich auch wegen des Kriegsbeginns. Die mehrfach angebotenen Veranstaltungen zeigen sowohl eine deutliche Streuung betreffs der inhaltlichen Zielprojektion und damit der angesprochenen Klientel wie auch der formalen und organisatorischen Struktur. Hierbei ist zu differenzieren zwischen Konzert-Veranstaltungen und solchen, die der Fortbildung dienen.

Zur ersteren Gruppe der Konzerte zählen:

1. Bach-Tage (2 x, 1939 und 1940), jeweils im Eosandersaal.

2. Charlottenburger Schlossmusik (21 x, von 1935 bis 1943). Jeweils im Eosandersaal.

3. Deutsche Jugendmusik der Gegenwart (4 Reihen mit insgesamt 11 Konzerten, jeweils im WS 1936/37 bis WS 1938/39), in verschiedenen Berliner Schulen.

4. Hausmusikstunden, insgesamt 8 (1928-1942), die nicht alle in der Chronik aufgeführt werden.

5. Konzerte mit Mitgliedern des Institutes, insgesamt 10 (1938 bis 1945).

6. Konzertreisen (s. Kap. 7)

7. Musikabende, insgesamt 3 (1937 bis 1939).

8. Musikwochen, insgesamt 4 ( jährlich 1936 bis 1939), eine Mischung aus Vorträgen und Konzerten.

9. Tag der deutschen Hausmusik, 4 x (1936, 1937, 1940, 1942).

10. Widmungskonzerte (Konzerte, die einem Komponisten und seiner Musik gewidmet waren), insgesamt 20 von 1934 bis 1944.

Die Fortbildungsveranstaltungen gliederten sich in folgende:

1. Arbeitsgemeinschaften: WS 1936/37: 14; SS 1938: 4.

2. Arbeitsgemeinschaften über „Fragen der Musikerziehung in der höheren Schule“: 4 x 1938.

3. Arbeitstagung für Musikerzieher: 3 x (1937, 1938, 1943).

4. Lehrgang für Leiter und Lehrer der neuen Musikschulen für Jugend und Volk: 2 x 1938 und 1939, jeweils 9 Wochen.

5. Lehrgang für Musikerzieher am Musikheim Fft/O. Es ist nur der 17. Lehrgang 1935 in der Chronik erwähnt.

6. Lehrgang für Volks- und Jugendmusikleiter: 1936 und 1937 jeweils 1 Jahr, 1939 2 Jahre.

7. Lehrgang in Chorpflege (Volkssingen), Sprechchor, Laienspiel und Tanz: 2 x in 1935.

8. Lehrgang in “Grundlagen der Musikerziehung“ (für Musikerzieher und Privatmusiklehrer),

      16 Veranstaltungen in 4 Reihen von 1935 bis 1939.

9. Lehrgang zur Einführung in den neuzeitlichen Musikunterricht an Volksschulen:

      1939 wurde der 30. Lehrgang (jeweils 6-8 Wochen, in der Regel 2 pro Jahr) durchgeführt.

      Es sind nicht alle in der Chronik verzeichnet.

10. Lehrgang zur Schulung der Musikerzieher außerhalb Großberlins: 7. und 8. in 1939,

      auch hier sind nicht alle in der Chronik aufgeführt.

11. Musiklager für Lehrer und Lehrerinnen aller Schularten: 3 x in 1936, 1 x in 1941.

12. Musik und Jugend: 2 Vorträge in 1940 und 1941.

13. Regionale Lehrgänge: 1935 in Köln und Sigmaringen.

14. Reichsmusiklager der Reichsstudentenführung: je einmal im Zeitraum 1935 bis 1938.

15. Semesterlehrgang in “Grundlagen der Musikerziehung“ für Berliner musikunterrichtende Lehrkräfte:

      je einmal in den Semestern 1937 bis 1939, insgesamt 5.

16. Singlager: WS 1936/37 (4 x) und SS 1938 (2 x).

17. Studentische Reichsberufswettkämpfe: ab SS 1936 jeweils in den Semestern bis zum WS 1938/39.

18. Singlager für junge Lehrer aller Schulgattungen: 3 x in 1935 Neiße-Neiland, Sauerland, Ostpreußen.

19. Vorträge: 11 von 1935 bis 1942, auch von auswärtigen Dozenten.

20. Zweitägige Lehrgänge für die musikunterrichtenden Volks- und Mittelschullehrer und - lehrerinnen

      der Hauptstadt Berlin: 3 x in 1935, 2 x in 1936 für jeweils unterschiedliche Bezirke.

Anzahl und Diversifizierung des Angebotes lassen einerseits auf die Art des Schulsystems rückschließen (dreigliedrig) und andererseits auch erkennen, dass die Nationalsozialisten dem Musikunterricht eine gehobene Bedeutung zugeordnet haben. Insbesondere die neuartige Gründung von Musikgymnasien steht für diesen Eindruck. Der o.g. Begriff des musischen Gymnasiums ist zwar einerseits den politisch Verhältnissen geschuldet, deutet andererseits allerdings auch auf eine inhaltliche Verlagerung der Begriffe hin: im Musikgymnasium Kestenbergs sollte das Fach Musik als gleichwertiges neben den anderen künstlerischen und wissenschaftlichen Fächern gelten, während das vom Oberregierungsrat Miederer als Leiter der Musikabteilung im Reichserziehungsministerium propagierte und letztlich durchgesetzte musische Gymnasium dem Fach Musik einen Vorrang einräumte.(45) Die Umbenennung ist allerdings weniger auf die inhaltliche Komponente zurückzuführen denn auf die Tatsache, dass der Begriff des Musik-Gymnasium als einer von dem Juden Kestenberg stammender nicht offiziell verwendet werden sollte. Insgesamt steht hinter der Fülle dieser vielseitigen Angebote weniger eine pädagogische denn eine ideologische Zielrichtung, die sich dessen bewusst ist, das die Verbreitung bestimmter Verhaltensweisen und Lehren mit Musik einfacher durchzusetzen ist als auf dem Verordnungswege. 

6. Die Studentenzahlen

 

a. Die Frequenzen einzelner Semester
 

Für die Semester bis zum WS 1936/37 einschließlich liegen keine insgesamt übersichtlichen und vergleichbaren Frequenzzahlen vor. Ab dem SS 1937 werden diese in der Chronik veröffentlich, mit Ausnahme des WS 1942/43. In der tabellarischen Übersicht stellen sich die Zahlen folgendermaßen dar: 

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Die Tabelle zeigt an dieser Stelle die Anzahl der Gesamtstudierenden pro Semester. Da die detaillierteren Zahlenangaben für einzelne Studienbereiche nicht konsequent und eindeutig pro Semester wiedergegeben werden, habe ich an dieser Stelle auf weitere Angaben verzichtet.

Die anfänglich gleichbleibende Anzahl Studierender im Bereich 130 bis 140 sinkt mit Kriegsbeginn schnell um ein Drittel. Dabei ist zu beachten, dass die Zahl der männlichen Studierenden von einer Zahl im hohen 90er Bereich auf eine Anzahl von 10-15 Studierenden fällt, d.h., es tritt ein Rückgang von annähernd 80% ein. Im gleichen Zeitraum wächst die Zahl der weiblichen Studierenden von knapp 40 auf einen Zahlenwert um die 90, was etwas mehr als einer Verdoppelung entspricht. Die gegenläufigen Entwicklungen der geschlechtsbezogenen Zahlenwerte und die sinkende Tendenz der Gesamtstudierenden sind entsprechend dem Kriegsgeschehen und den daraus folgenden Verpflichtungen der männlichen Bevölkerung für die Wehrmacht geschuldet.

Was in diesen Zahlen nicht zu lesen ist, sondern nur in den singulären Angaben zu den einzelnen Semestern, ist die Tatsache, dass viele Studiengänge gerade für die männlichen Bewerber in ihrem einheitlichen Fortgang zerrissen werden, weil diese ihr Studium wegen der Verpflichtung zum RAD (Reichsarbeitsdienst) nicht beginnen können, aus ihrem Studium heraus eingezogen werden, nach der angemessenen Zeit in der Wehrmacht (3 Jahre) ihr Anrecht auf ein Studiensemester wahrnehmen können usw. Nicht zuletzt diese Zerrissenheit, diese zeitliche, räumliche und gedankliche Entfernung von den Studienverhältnissen und -inhalten ist auch der Grund gewesen, den letzten Rundbriefen die Unterrichtsbriefe zur Geschichte der Musik von Prof. Halbig beizulegen, eine Maßnahme, die von den Studierenden im Kriegseinsatz mit großer positiver Resonanz aufgenommen wurde (s. Kap. 9).

 

b. Personalia nachmals international bekannter Studenten aus der Chronik

 

Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Chronik vereinzelte Hinweise auf Studenten gibt, die im späteren Leben eine international anerkannte Bedeutung erlangten. In dieser Beziehung gibt es Hinweise auf den Musikwissenschaftler Hans-Heinrich Eggebrecht und die Musiker und Komponisten Heinrich Riethmüller, Willi Träder und Jens Jürgen Rohwer.

Hans Heinrich Eggebrecht wurde am 5. Januar 1919 in Dresden geboren und immatrikulierte sich zum WS 1937/38 an der Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik zu Berlin Charlottenburg (Aufnahmeprüfung vom 29./30.9.1937). Er wurde am 28.8.1939, also nach zweisemestrigem Studium, zum Wehrdienst eingezogen und hielt über die u.g. Rundbriefe Kontakt zur Hochschule. Im Herbst 1942 wurde er als Unteroffizier mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet, im Frühjahr 1944 durch Granatsplitter am Hals verwundet.(46)

Eggebrecht studierte nach dem Krieg weiter und und legte 1948 das Staatsexamen in Schulmusik ab. 1949 wurde er in Jena promoviert, und 1955 habilitierte er sich in Freiburg, wo er nach Dozenturen in Erlangen und Heidelberg 1961 als Nachfolger Gurlitts Direktor des musikwissenschaftlichen Seminars wurde.(47) Seine Tätigkeit in der Wehrmacht, Mitgliedschaft in nationalsozialistischen Verbänden, Gesinnung und der Umgang damit in der Nachkriegszeit führte im weiteren Verlauf zu Diskussionen, insbesondere seine nicht genau zu klärende Tätigkeit während seiner Zeit in Simferopol auf der Krim 1941/42.(48) Hierzu bieten seine Briefe und die Aussagen der Chronik keine weiteren Informationen. Allerdings ist mindestens ein Brief an die HS von ihm in der Chronik nicht veröffentlicht worden. Eggebrecht wurde 1987 emeritiert und starb am 30.8. 1999 in Freiburg.

Heinrich Riethmüller wurde am 23.12. 1921 in Berlin geboren und immatrikulierte sich nach der Schulbildung am Canisius-Kolleg in Berlin zum WS 1940/41 an der Akademie für Kirchen-und Schulmusik in Berlin-Charlottenburg. Er war ab 1942 als Organist und Chorleiter tätig, nach 1945 spielte er beim Rias-Berlin-Tanz-Orchester und wurde 1947 Leiter des Berliner Kabaretts „Ulenspiegel“. Letztlich bekannt wurde Riethmüller durch seine Zusammenarbeit mit Hans Rosenthal, für den er alle Musiken seiner Radio- und Fernsehsendungen schrieb. In der Show „Dalli, Dalli“ trat er dann selbst am Klavier oder mit seiner Combo auf. Sein zweites Standbein neben dieser musikalischen Tätigkeit war seine Arbeit im Synchronisieren. Hier hatte er seine größten Erfolge in den deutschen Versionen von „Mary Poppins“ und „Das Dschungelbuch“. Riethmüller zog sich Anfang der 1980er Jahre zurück und starb 2006.(49)

Riethmüller trat zum Wintersemester 1940/41 in die Hochschule zum Studium der Kirchenmusik ein. Er wurde im SS 1941 nach nur einem Semester eingezogen, korrespondierte mit der Akademie im Herbst 1941 aus dem Felde und wurde im Januar 1942 vor Leningrad durch einen Kopfschuss und andere Verwundungen verletzt. Seine letzte Nachricht ohne detailliertere Informationen stammt aus dem Rundbrief Nr. 17 vom 5.11.1942.(50) 

Weitere Informationen über seinen Werdegang bietet die Chronik nicht über H. Riethmüller, dessen Nachkriegskarriere eine zeittypische war. Riethmüller verfügte über keine abgeschlossene Ausbildung, war aber ein guter Instrumentalist und hatte über diese Qualifikation die Beziehungen und die Möglichkeit, in den zwei Jahrzehnten der 1950er und 60er Jahre sehr erfolgreich und bekannt zu werden, insbesondere über seine Zusammenarbeit mit dem Moderator Hans Rosenthal.

Willi Träder wurde am 24.3.1920 in Berlin geboren, studierte 1939-42 in Berlin Schulmusik an der Hochschule für Musikerziehung und 1945/46 am Internationalen Musikinstitut. 1953 gründete er in Hannover die Jugendmusikschule, deren Leiter er bis 1958 war. An der Hochschule für Musik und Theater in Hannover wird er Dozent für Allgemeine Musikpädagogik und Chorleitung, 1964 Professor. Er stirbt am 12.11. 1981 in Hannover.(51) Willi Träder hat vom 30.3. bis 1.4.1938 die Aufnahmeprüfung bestanden und wird mit folgendem Kommentar zur Hochschulimmatrikulation zugelassen: „Träder, Willi aus Berlin Charlottenburg, kann beginnen, wenn ihn der Minister wegen der körperlichen Behinderung zulässt; geht erst auf die Hochschule für Lehrerbildung nach Frankfurt/Oder.“ Träder trat am 1.10.1939 in die Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik zu Berlin ein, kommend von der Hochschule für Lehrerbildung in Frankfurt. Er leitete die Rundfunkspielschar Berlin der HJ, die sich zum größten Teil aus den Teilnehmern des Staatlichen Lehrgangs für Volks- und Jugendmusikleiter zusammensetzte. Im Dezember 1940 berichtete er ausführlich (7 Seiten) über eine Fahrt der Spielschar zur Truppenbetreuung in die besetzten westlichen Gebiete, einen Bericht, den er in mündlichem Vortrag zur Semestereröffnung des SS 1941 wiederholte. 1942 hatte Träder offensichtlich die Leitung des Jugendchores der Hochschule inne, er unterzeichnete ein Schreiben vom 15. Februar 1942 an die Eltern der Mitglieder mit „Willi Träder, Gefolgschaftsführer“.

Der Abschlussprüfung seines Studiums unterzog er sich am 27., 29. und 30. Juni 1942 in den folgenden Prüfungsteilen: Musiklehre schriftlich, Gehörbildung und Musiklehre mdl., musikalische Volkskunde, Klavier, Orchesterleitung. Lehrproben: Praktische Arbeit mit Jugendgruppen der Unterstufe, Musikgeschichte und Grundfragen der Musikerziehung. 

Das Ergebnis der staatlichen Prüfung für das Künstlerische Lehramt an Höheren Schulen, Fachgruppe Musikerziehung, wurde ihm in der Schlussfeier des SS 1942 mit „Vorläufig gut bestanden“ bescheinigt.(52) Es gibt keine Hinweise über seine Tätigkeit als Soldat in der Chronik, er findet auch in den Rundbriefen keinerlei Erwähnung. Bemerkenswert ist der Hinweis auf seine Zulassung zum Studium in Abhängigkeit von seiner körperlichen Unversehrtheit, über die keine näheren Informationen vorliegen.

Jens Jürgen Rohwer wurde am 6.7.1914 in Neumünster geboren und verstarb am 4.6.1994 in Lübeck. Er war Komponist und Musikwissenschaftler und wurde vor allem durch seine Chorkompositionen bekannt. Rohwer machte sein Abitur 1933 als Stipendiat der „Schule am Meer“ auf der Nordseeinsel Juist und studierte von 1935-39 an der Hochschule für Schul- und Kirchenmusik in Berlin. Nach seinem Staatsexamen 1938 wurde er eingezogen, schwer verwundet und anschließend für kriegsuntauglich erklärt. Er lehrte zwei Jahre in Posen an der Gaumusikschule. Nach dem Krieg war er zunächst Lehrer für Tonsatz und Gehörbildung an der Landesmusikschule in Lübeck. Parallel studierte er Musikwissenschaften in Kiel und promovierte dort. Von 1955 bis 1971 war er der Direktor der Schleswig-Holsteinischen Landesmusikschule Lübeck. Rohwer hat Zeit seines Lebens komponiert und ein breites Oeuvre hinterlassen.(53) 

Da erst ab dem SS 1937 namentlich genaue Zahlen für die Immatrikulation in der Chronik genannt werden, ist der Eintritt J.J. Rohwers in die Hochschule an Hand der Chronik nicht mehr nachzuvollziehen. Ein Kennzeichen für Rohwer ist, dass schon während des Studiums Kompositionen von ihm bei diversen Anlässen vorgetragen wurden:

 

* Sprechgesang mit abschließendem gemeinsamem Gesang (Semesterabschlussf. WS 1936/37)

* Liederkranz um ein Herz, 9 Lieder (Anerkennungspreis am 2.10.1936)

* Wer den Tag ermessen will (Feierstunde zum Tag der nationalen Erhebung 30.1.1937)

* Klavierquintett (Kammermusikabend in Königsberg am 22.4.1938)

* Choralische Sinfonie: Hier steht ein Volk und dankt Dir, Gott! (Feierstunde und Kameradschaftsabend am 27.6.1938)

* Der Tag von Jamno, 18. September 1939 (Feierstunde zum Abschluss des WS 1939/40 am 24.2.1940)

Jamno ist der polnische Name des Jamunder Sees, nördlich von Köslin im ehemaligen Hinterpommern. Die Chronik sagt zu der Komposition: „Das Lied, Worte und Weise von J.J.Rohwer, Gefreiter in einem Infanterie-Regiment, will die Erinnerung an das eindrucksvollste polnische Kriegserlebins einer Infanterie-Kompagnie wachhalten, die an dem oben bezeichneten Tage in einem Gefecht gegen eine zehnfache Übermacht 13 Mann verlor und 2000 Gefangene einbrachte.“(54)

Aktivitäten von J.J. Rohwer: 

* Fahrt der Chorischen Gemeinschaft nach England 28.2.-24.3.1937 (Bericht darüber in der Semesterabschlussfeier 1936/37)(55)

* Mitglied der Reichs-Siegermannschaft im Studentischen Reichsberufswettkampf (s. Kap. 7) 1936/37.(56)

Vom 22.-26.6.1938 fand an der Hochschule die Staatliche Prüfung für das künstlerische Lehramt statt, die Jens Jürgen Rohwer mit Auszeichnung bestand. Damit endete ein sehr erfolgreiches Studium, in dem Rohwer schon während der Ausbildungszeit sein Können mit Kompositionen unter Beweis stellen konnte.

Jens Jürgen Rohwer ist 1938 eingezogen worden, was in der Chronik nicht vermerkt ist, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Mitglied der Hochschule war. Sein musikalischer und soldatischer Werdegang ist allerdings noch in Auszügen zu verfolgen:

Im Rundbrief Nr. 4 vom 25.2.1940 wird Rohwer als einer der Empfänger mit der Feldpostnummer 11799 B aufgeführt. Im Rundbrief Nr. 5 vom 16.5.1940 wird die Einsendung des o.g. Liedes Tag von Jamno lobend erwähnt als eine von zwei Einsendungen. Im Rundbrief Nr. 7 vom 7.10.1940 wird die Auszeichnung mit dem E.K. II erwähnt, was in einem Schreiben der Hochschule vom 15.1.1942 noch einmal bestätigt wird für den ehemaligen Studenten Ob.Gefr. Jens-Jürgen Rohwer.(57)

Im Rundschreiben Nr. 14 vom 10.11.1941 findet die Soldatenlaufbahn von Rohwer ein jähes Ende, es wird zum ersten Mal von einer Verwundung gesprochen. In einer Ansprache des stellvertr. Direktors, Prof. Heinrich Martens, anlässlich der Semesterschlussfeier des WS 1941/42 wird genaueres zur Verwundung Rohwers berichtet: Anfang September 1941, Oberschenkelschuss mit Knochenbruch, Granatsplitter in der linken Hand.(58)

Weitere Informationen zu seinem Werdegang liegen in der Chronik nicht vor. Es ist aus diesen Informationen sehr wohl festzustellen, das Rohwer schon als Student kompositorisch reüssiert hat und damit die handwerkliche Grundlage für seine späteren Erfolge legen konnte. Ferner ist anzumerken, dass diejenigen, die unter nationalsozialistischem Einfluss herangewachsen sind, wohl systemkonform handeln konnten, ohne von der Ideologie bedingungslos überzeugt zu sein, wie an den Kompositionen von Rohwer zu erkennen ist (Tag von Jamno, Choralische Sinfonie u.a.). Inwieweit Rohwer überzeugter Nationalsozialist war, ist schwierig festzustellen, er hat allerdings 1938 noch als Student einen Aufsatz in der von Bieder herausgegebenen „Völkischen Musikzeitung“ mit dem Titel „Kameradschaft und Einsatz“ geschrieben.(59)

7. Politisch-ideologische Auswirkungen

auf das Hochschulleben

 

Eine Hochschule unterliegt selbstverständlich den zeitgemäßen Einflüssen der Politik wie auch der Gesellschaft, besonders so radikalen wie denen der Nationalsozialisten. Eine Chronik wie die vorliegende wird daher auch die sich gravierend auswirkenden Fälle in der gleichen rational-emotionslosen Art darstellen wie andere.

Die beiden Ereignisse, die sofort auf- und jedem Leser einfallen werden, sind einerseits die des aus hier nicht näher beschriebenen Gründen in Ungnade gefallenen Fritz Jöde, der sich in den 1920er Jahren als Musiker der Jugendmusikbewegung einen hervorragenden Namen gemacht hatte, im Februar 1935 beurlaubt und im Februar 1937 aus dem Dienst entlassen wurde, allerdings in anderen Funktionen mit NSDAP-Mitgliedschaft wieder tätig werden konnte.(60)

Im zweiten Fall wurde der Lehrer für Komposition und Musiklehre Prof. Dr. J. Hermann Wetzel wegen „jüdischer Versippung“ aus allen Ämtern entlassen.(61) Es wird nicht weiter dargestellt, in welchem Grad der Begriff der „Versippung“ hier angenommen wird.

Als weitere Maßnahmen, die in der Chronik aufgeführt werden, sind folgende zu nennen (es bleibt bei einer Auswahl):

* Alle Beamten haben einen Nachweis zu erbringen über die Abstammung der Ehefrauen (Erlass vom 7.6.1936).

* Alle Beamten haben einen Diensteid zu schwören, der personifiziert ist auf Adolf Hitler (Erlass d.Pr.Min.f.W.K.u.V. vom 23.8.1934.

* Der dies academicus, ein offiziell Vorlesungs- und Seminarfreier Tag, der zur Identifikation mit der Hochschule führen sollte. Im Nationalsozialismus wurde der Tag zur gemeinsamen sportlichen Betätigung genutzt.

* Durch Erlass vom 30.10.1934 wird eine Zulassung zum Studium ab dem 4. Semester von der Teilnahme an der dreisemestrigen sportlichen Grundausbildung abhängig gemacht. Die Zulassung erfolgt nach Vorlegen einer Grundkarte, die die notwendigen Vermerke enthält. Diese Maßnahme gilt für alle Fakultäten, expressis verbis auch für die künstlerischen. Selbst wenn man aus gesundheitspolitischen Aspekten diese Maßnahme gut heißen kann, im speziellen Fall der Nationalsozialisten passt diese Maßnahme absolut in die Ideologie der arischen Herrenrasse.

* Auflösung des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, statt dessen Einrichtung eines Schulungsamtes seitens der Akademie im April 1935. Ein Schulungsamt mit der gezielten Aufgabe der Weiterbildung und Förderung ist leichter zu infiltrieren und ideologisch auf Kurs zu halten denn eine Behörde mit der vielsagenden Bezeichnung Zentralinstitut.

* Die Direktoren für die Hochschulen für Bildende Künste und Musik werden für die Auslese der Studierenden verantwortlich gemacht: nur wirklich geeignete Studierende dürfen ihr Studium fortsetzen, alle anderen müssen rücksichtslos zum Arbeitseinsatz gemeldet werden (Erlass vom 22.3.1943). Diese Maßnahme ist der fortgeschrittenen Kriegssituation geschuldet, wobei es offen gelassen wird, wie der Begriff „geeignet“ interpretiert wird: qualitativ, physisch oder noch anders. 

* Es gilt ab dem WS 1938/39 an den deutschen wissenschaftlichen und technischen Hochschulen die Trimester-Einteilung, die allerdings für die Kunst-Hochschulen nicht gilt.(62)

* Es gibt eine gesundheitliche Pflichtuntersuchung für Studenten vor der Immatrikulation, die während des Studiums zweimal durchgeführt werden muss (Erlass vom 15.11.1938).(63) Diese Pflichtuntersuchung stellt für die Nationalsozialisten eine gesundheitliche Vorsorgemaßnahme dar in Bezug auf Erkennung sog. unwerten Lebens. Behinderung gleich welcher Art waren aus der Sichtweise der Nationalsozialisten nicht tolerierbare Makel.

Nichtarier sind zum Studium der Schulmusik nicht mehr zugelassen, zum Studium der Kirchenmusik können noch 1.5% aufgenommen werden (Erlass vom 31.3.1938).(64) Um bei einem Prozentsatz von 1.5 noch zum Studium zugelassen zu werden, müssen an einer Hochschule mindesten 67 arische Studierende eingeschrieben sein. Damit sind Nichtarier quasi ausgeschlossen.

Es werden noch weitere Maßnahmen angeführt, die ganz unterschiedliche Ursachen haben, aber sehr konkrete Auswirkungen auf das Leben und Funktionieren an der Hochschule:

* die sich immer wieder verändernden und zumeist verschärfenden Luftschutzmaßnahmen wie Brandwachen,

* die Abstellungen zum Reichsarbeitsdienst, Ausgleichsdienst und anderen verpflichtenden Tätigkeiten des einzelnen für die Gemeinschaft,

* das zweisemestrige Studium an einer pädagogischen Hochschule, bevor das Fachstudium begonnen werden kann: eine Maßnahme, die auch heute noch diskutabel ist und mit nationalsozialistischer Ideologie zwingend nichts zu tun hat,

* Der Reichsleistungswettkampf, der im Rahmen der Reichsberufswettkämpfe der deutschen Jugend auch für die Studierenden aller Hochschulen durchgeführt wird.

Abschließend zu diesem Kapitel soll noch auf einen Deutschen Studentenbrief hingewiesen werden, von dem die Folge 2, datiert im SS 1944, Monat Juli, im Mai 1944 in der Chronik veröffentlicht wurde.(65) Auf den Seiten 12 und 13 sind die Gesetze der deutschen Studenten aufgezählt, von denen einzelne hier wiedergegeben werden sollen:

I. Deutscher Student, es ist nicht nötig, daß Du lebst, wohl aber, daß Du Deine Pflicht gegenüber Deinem Volke erfüllst. Was du wirst, werde als Deutscher!

II. Oberstes Gesetz und höchste Würde ist dem Deutschen Mann die Ehre. Verletzte Ehre kann nur mit Blut gesühnt werden. Deine Ehre ist die Treue zu Deinem Volk und Dir selbst.

VI. Zum Nationalsozialisten wird man geboren, noch mehr wird man dazu erzogen, am meisten erzieht man sich selbst dazu.

VIII: Lerne in einer Ordnung zu leben! Zucht und Disziplin sind die unerläßlichen Grundlagen jeder Gemeinschaft und der Anfang jeder Erziehung. Diese Aussagen bedürfen keines Kommentares! 

8. Die Konzertreisen der Ensembles und Dozenten

 

Das Institut hat dauerhaft bis zum Herbst 1944 Konzertreisen seiner Angestellten und Ensembles durchgeführt, in der Regel auf Einladung. Bis 1937 gab es noch die Reisen der „Chorischen Gemeinschaft“ nach Dänemark, England und Schottland. Ansonsten gingen einzelne Dozenten (bevorzugt „Tasten-Interpreten“ wie Orgel- resp. Klavier-Solisten), aber auch Ensembles wie das Dahlke-Trio oder das Collegium musicum auf Tournee. Ziele waren in der Regel In- und europäisches Ausland, vereinzelt aber auch die USA. Mit Kriegsbeginn 1939 wurden die Konzertreisen überwiegend zur Truppenbetreuung in fast allen besetzten Gebieten durchgeführt, und trotz der immer schwieriger werdenden Situation des Institutes (räumlich und personell) wurden auch 1944 noch Dozenten für Konzertreisen in die besetzten Gebiete freigestellt. Diese Vorgänge wurden allerdings im Herbst 1944 nicht weiter genehmigt, als sich die Schliessung der Musikhochschulen abzeichnete, die ja im Frühjahr 1945 durchgeführt wurde. 

9. Die Rundbriefe

Die Rundbriefe waren Ereignisse, die darauf bedacht waren, die Gemeinschaft zu stärken, die Verbundenheit zwischen Ehemaligen, aktuell Studierenden und Dozenten aufrecht zu erhalten und zu intensivieren, Kontakte zu pflegen u.a.m. Veranstaltungen mit vergleichbarer Intention waren die regelmäßigen Eröffnungs- und Abschlussfeiern der einzelnen Semester, im Sommer in Friedenszeiten mit einem gemeinsamen Ausflug gekrönt, das öffentliche Erwähnen und Begehen runder Geburtstage, Kameradschaftsabende und andere Gepflogenheiten mehr.

Die Rundbriefe sind unmittelbar nach Kriegsbeginn im September 1939 eingeführt worden (der erste wurde am 9. Oktober 1939 verschickt, der letzte am 22. August 1944) und sollten den Kontakt zu ehemaligen und aktuell eingezogenen Studierenden und Lehrenden der Hochschule aufrecht erhalten. Die Organisation lag in den Händen des Klavier-Dozenten Prof. Kurt Schubert. Die Rundbriefe waren zwischen 1 und 23 Seiten lang, enthielten eine persönliche Mitteilung von Prof. Schubert, Nachrichten und Neuigkeiten vom Institutsleben und einen deutlich größeren Anteil an der Wiedergabe der Feldpost von Soldaten, die auf die Rundbriefe geantwortet haben oder einfach nur den Kontakt zur Hochschule suchten. Mit fortschreitendem Kriegsverlauf nahmen die Todes-und Verletztenmeldungen immer größeren Raum ein, sie waren stets im zeitüblichen Pathos gehalten. Auch die Briefe der Soldaten aus den Kriegsgebieten beinhalteten keine nüchternen Lagebeschreibungen, sondern hatten teilweise nahezu poetischen Charakter. Entsprechend waren die Antworten formuliert, mit denen Prof. Schubert auf die Todesmeldungen reagierte und den Angehörigen den zeitüblichen Trost zu spenden versuchte.

Je weiter die Rundbriefe im zeitlichen Fortlauf des Kriegsgeschehens verfasst wurden, einen desto größeren Raum nahmen einerseits die Todesmeldungen ein — Gefallene, Verunfallte, bei Bombenangriffen in der Heimat zu Tode gekommen Bürger usw. —, aber auch die Nachrichten über Verletzte mit Heilungsverlauf und ggf. Wiedereintritt in das Kampfgeschehen, über Auszeichnungen und Ehrungen, auch für besondere Leistungen in der Heimat (Luftschutz, Brandwachen etc.) kamen verstärkt zur Geltung.

Insgesamt wurden 24 Rundbriefe verschickt, Nr. 19 ist nicht in der Chronik aufgeführt, und die Nrn. 21 und 23 wurden als als Nr. 20a resp. 21a verschickt. Die in den Nrn. 20-22 beigelegten Unterrichtsbriefe zur Geschichte der Musik wurden von Prof. Dr. Hermann Halbig verfasst und sollten den wissenschaftlichen Kontakt zu den Studieninhalten aufrecht erhalten. Prof. Halbig ist im Oktober 1942 mit seiner Gattin verstorben, wobei die Chronik offen lässt, wie der gemeinsame Tod sich ereignet hat. Es gibt einen längeren, würdigenden Nachruf in der Semestereröffnungsfeier vom 16.10.1942 durch den stellvertretenden Leiter Prof. Dr. Martens und posthum veröffentlichte Werke (wie z.B. Musikgeschichte leicht gemacht. Hundert Merkblätter zusammengestellt von Hermann Halbig, Friedrich Vieweg Verlag Berlin 1942 und 1943).(66) Andererseits liegt der Tod zum Zeitpunkt des Nachrufs bereits neun Tage zurück, das Begräbnis hat außerhalb Berlins stattgefunden, die Nachricht wurde erst am 15.10. an die Hochschule übermittelt. Karl Rehberg stärkt in seinen Erinnerungen den Verdacht, dass Halbig mit seiner Frau den Freitod gesucht hat, Belege für seine These kann auch er nicht vorbringen:

„Halbig war ein äußerst sensibler Mensch. … er litt jedenfalls ungewöhnlich stark unter den politischen Verhältnissen und konnte sich von schweren Depressionen nicht freihalten. … Halbig sah die Katastrophe geradezu visionär voraus und schilderte das in Trümmern liegende Berlin in allen Einzelheiten, als noch kaum Bomben gefallen waren. Seine Ferien verbrachte er in Scharbeutz an der Ostsee, von dort kam eines Tages die Nachricht, daß er und seine Frau infolge einer Gasvergiftung den Tod gefunden hätten. Äußerungen, die Halbig vorher gemacht hatte, deuteten darauf hin, daß beide freiwillig aus dem Leben geschieden waren.“(67)

Der hier zitierte Aufsatz von Karl Rehberg, Mitglied des Dozententeams der Ägide unter Eugen Bieder, ist eine sehr lesenswerte Ergänzung zu der sachlichen Chronik. Seine Erinnerungen geben Einsichten in Bereiche, die eine Chronik nicht abdecken kann, sie müssen in ihrer persönlichen Sicht für den Leser nicht immer objektiv erscheinen.

Die Unterrichtsbriefe Hermann Halbigs entsprechen einem 1941 herausgegebenen Werk Selbstunterrichtsbriefe Methode Rustin.(68) Der zeitliche Überblick über die versandten Rundbriefe:

Nr. 1 am 9.10.1939 (1 Seite)

Nr. 2 am 6.11.1939 (4 Seiten)

Nr. 3 am 12.12.1939 (3 Seiten)

Nr. 4 am 25.2.1940 (5 Seiten)

Nr. 5 am 16.5.1940 (4 Seiten)

Nr. 6 am 15.7.1940 (14 Seiten)

Nr. 7 am 7.10.1940 (2 Seiten)

Nr. 8 am 20.11.1940 (23 Seiten mit Schwärzungen) 

Nr. 9 am 11.12.1940 (2 Seiten)

Nr. 10 am 20.3.1941 (5 Seiten)

Nr. 11 am 23.6.1941 (2 Seiten)

Nr. 12 am 4.8.1941 (8 Seiten)

Nr. 13 am 16.9.1941 (6 Seiten)

Nr. 14 am 10.11. 1941 (13 Seiten)

Nr. 15 am 20.3.1942 (5 Seiten)

Nr. 16 am 20.7.1942 (7 Seiten)

Nr. 17 am 5.11.1942 (4 Seiten)

Nr. 18 am 18.4.1943 (5 Seiten)

Nr. 19 nicht in der Chronik enthalten

Nr. 20 am 16.11.1943 (3 Seiten mit Unterrichtsbrief Nr. 1 zur Geschichte der Musik)

Nr. 20a am 15.2.1944 (1 Seite mit Unterrichtsbrief Nr. 4 zur Geschichte der Musik)

Nr. 21 im April 1944 (5 Seiten)

Nr. 21a am 30.6.1944 (1 Seite mit Unterrichtsbrief Nr. 2 zur Geschichte der Musik)

Nr. 22 im August 1944 (7 Seiten mit Unterrichtsbrief Nr. 3 zur Geschichte der Musik) 

Beeindruckend war für den Autor der emotionale Gehalt: Wenn man die Chronik über den gesamten Verlauf von mehr als 10 Jahren im Detail verfolgt, so erfährt man mit den Daten über die Aufnahmeprüfung, Leistungen im Studienverlauf in unterschiedlicher Intensität und Qualität und die Abschlussprüfung eine Verbundenheit mit einzelnen Namen, die erschrecken lässt, wenn man Monate und Seiten später die Nachricht über den Kriegstod dieses jungen Mannes liest, dem keine Gelegenheit gegeben wurde, seine im Studium erworbenen und gezeigten Qualitäten im Leben unter Beweis zu stellen, weil dieses nicht einmal 25 Jahre währen konnte. Auch die Tatsache, dass kaum einer der zu Tode Gekommenen das 30. Lebensjahr erreicht hatte wie auch die doch sehr unterschiedlichen Möglichkeiten, im Kriegsfall sein Leben zu verlieren, stimmen mehr als nachdenklich. Nachhaltig bleibt auch in Erinnerung, wenn die Rückmeldungen von Eltern gefallener oder vermisster Soldaten veröffentlicht wurden. Insgesamt war das Lesen und Aufarbeiten der Rundbriefe eine Tätigkeit, die, im eigentlichen Sinne wissenschaftlicher Natur, hier aber über den interpretierenden und bearbeitenden Charakter einer historischen Quelle hinaus neben den fachlichen Ergebnissen emotional Spuren hinterließ. 

10. Conclusio

 

Die Anlage der Chronik ist der eines Tagebuches vergleichbar mit zwei gewichtigen Unterschieden: Es ist grundsätzlich eine emotionale Distanz vorhanden, die nur durchbrochen wird, wenn in den Kriegsjahren die Todesmeldungen wiedergegeben werden. Weiterhin ist der Chronist nicht allein verantwortlich für die zu sammelnden Informationen, sondern er wird in gegebenen Fällen von außen mit Material beschickt. Dem Chronisten obliegt in erster Linie eine organisatorische Aufgabe, keine darstellende oder gar interpretierende, wie sie in einem Tagebuch zu finden ist.

Die Chronik benötigt einige Zeit, bis sie den detailliert berichtenden Zustand erreicht, wie er sich ab Sommer 1937 darstellt. Von diesem Zeitpunkt an (s. die Frequenzzahlen u.a.m.) werden mit namentlicher Nennung alle Personen erfasst, die in irgendeiner Form am Geschehen des Instituts beteiligt sind. Worin diese „Anlaufzeit“ begründet ist, lässt sich nicht feststellen, ebensowenig die Tatsache, dass trotz aller detaillierter Berichterstattung einzelne Ereignisse fehlen (z.B. RB Nr. 19, einzelne Fortbildungs- bzw. Konzertereignisse sind in ihrer Kontinuität nicht vollständig dargestellt).

Die Tatsache, dass bei nahezu allen Informationen der nationalsozialistische Habitus in Wortwahl und Ausdruck gepflegt wird, ist den zeitlichen Umständen geschuldet. Dieser Fakt lässt sich besonders bei den in den Rundbriefen wiedergegebenen Antworten der angeschriebenen Soldaten erkennen. Dennoch hat man nicht den Eindruck, dass fanatische Vertreter der NS-Ideologie mitwirken. In der Regel ist das Verhalten das eines angepassten Mitläufers, der trotz aller hochstehender Bildung von dieser Ideologie emotional stark eingefangen ist.

Erschreckend ist teilweise die mit fortschreitender Kriegsdauer immer noch kämpferische positive Haltung bei den Meinungen der aus dem Feld schreibenden Soldaten. Diese müssten eigentlich als erste das Verderben der Politik der NS-Ideologie erkennen.

Die Einflüsse dieser Ideologie auf das Leben am und im Institut sind zeitgegeben natürlich und evident. Die Intensität, mit der die Nationalsozialisten unter den Künsten vor allem die Musik fördern und die musikalische Bildung und Tätigkeit im Volk vorantreiben wollen (die Möglichkeiten der Aus- und Fortbildung für Musiklehrer aller Sparten, bevorzugt der für die Volksbildung und HJ, die Einrichtung von Musikgymnasien, das Fördern des Singens) überrascht einerseits. Andererseits sind dieses alles ideologisch orientierte Fördermaßnahmen, die sowohl der Förderung des Einzelnen zugute kommen als auch bewusst jene Möglichkeiten stärken, mit denen die Nationalsozialisten glauben, eine möglichst hohe Infiltrationsrate beim Volk und ein möglichst starkes Gemeinschaftsgefühl in ihm erzielen zu können.

Unerwähnt bleiben dürfen auch nicht die vielen kleinen Eingriffe in den Studien-Alltag. Da ist das zweisemestrige Studium am Lehrerseminar, das dem Musikstudium vorgeschaltet wurde, der dies academicus, der in der beschriebenen Zeit den sportlichen Aktivitäten vorbehalten war, die kriegsbedingten Brandwachen, der Reichsarbeitsdienst mit seinen wechselnden Bedingungen und viele Kleinigkeiten, die politisches System und die Zeitumstände den Studierenden als zusätzliche Bürde auferlegten.

Eine Chronik gibt einen Überblick über spezifische Geschehnisse eines bestimmten Zeitraumes. Nicht vergessen darf man dabei die gesellschaftliche und politische Positionierung des Schreibers. Gerade unter diesem Aspekt stellt die vorliegende Chronik ein gewichtiges Zeitzeugnis dar einer historischen Epoche von besonderer, weil sehr diskussionsbehafteter Bedeutung. 

11. Literaturangaben:

Bücher:

Borda, Kathrin: Staatliche Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik 1934-1945 (Direktor Eugen Bieder), Diplomarbeit im Fach Kirchenmusik, Sommersemester 2003

Böttcher, Dirk; Mlynek, Klaus; Rohrbein, Waldemar R.; Thiele, Hugo: Hannoversches biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart; Schlütersche, Hannover 2022

Dinglinger, Wolfgang: Zelters Musikalische Bildungsanstalt und die Gründung des Institutes für Kirchenmusik, in: Christian Filips (Hrsg.): Der Singemeister Carl Friedrich Zelter 1758-1832, Schott, Mainz 2009

dtv-Lexikon in 24 Bänden; Deutscher Taschenbuch Verlag, Wissen Media Verlag, Gütersloh/ München 2006

Riethmüller, Albrecht: Stichwort Eggebrecht, Hans Heinrich, in: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil, Kassel u.a. 2001

Schipke, Max: Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens des staatlichen Akademischen Instituts für Kirchenmusik in Berlin 1822-1922, Berlin-Charlottenburg 1922

Schröder, Cornelia: Carl Friedrich Zelter und die Akademie, Akademie der Künste, Berlin 1959

 

Zeitschriften:

Maurer Zenck, Claudia: Der „Fall Eggebrecht“ aus biographischer Sicht. Eine Kritik, in: Musik & Ästhetik, 17. Jg., Heft 67, Juli 2013

Rehberg, Karl: Erinnerungen an die Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik Berlin 1936-1946, in: Zeitschrift für Musikpädagogik, Jg. 7 (1982) 18, S. 3-21

Woschenko, Claus: Der Komponist Jens Rohwer (1914-1994), in: die Tonkunst, Jg. 2., Nr. 2, April 2008, S. 278

 

Archivalien:

Archiv UdK: Bestand 2, Chronik der Akademie für Kirchenmusik

Landesverwaltungsamt Berlin: Akte II 227 Gertrud Bieder

Internet-Adressen:

digital.zlb.de, Sammlungen: Berliner Adressbücher 1799-1970

felix-bloch-erben.de, Verlag für Bühne, Film und Funk Stichwort: Heinrich Riethmüller

Wikipedia.com

zvab.com, Stichwort: Hermann Halbig

udk-berlin.de

12. Endnoten:

1 - s. Max Schipke: Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens des staatlichen akademischen Instituts für Kirchenmusik in Berlin 1822-1922, Berlin-Charlottenburg 1922, S. 5 ff.

2 - vgl. Max Schipke, a.a.O., S. 11

3 - Wolfgang Dinglinger, in: Christian Filips (Hrsg.): Der Singemeister Carl Friedrich Zelter 1758-1832, Schott, Mainz 2009, S. 118 ff

4 - s. Max Schipke, a.a.O., S. 26

5 - s. udk-berlin.de: Universität - Die Geschichte der Universität der Künste Berlin - Die vorangegangenen Institutionen von 1696 bis 1975 - Vorangegangene Institutionen Musik und Darstellende Kunst - Institut für Kirchenmusik/Akademie für Kirchen- und Schulmusik 

6 - s. Chronik des Institutes, UdK-Archiv, Bestand 2, Nr. 658, S. 42 

7 - s. udk-berlin.de, Studium - Kirchenmusik - Institut für Kirchenmusik - Institut - Gebäude. Die genauen Jahreszahlen sind zu finden in den Adressdaten der Jahrbücher der Zentral- und Landesbibliothek Berlin: digital.zlb.de, Sammlungen: Berliner Adressbücher 1799-1970

8 - vgl. 7

9 - s. 7

10 - Informationen zum Sitz des Instituts 1823 und 1832: wikipedia.com, Stichwort: Königliches Musik-Institut Berlin 

11 - vgl. dtv-Lexikon in 24 Bänden, Band 4 Brau-Coll, Stichwort: Chronik, S. 315, Wissen Media 11 Verlag, Gütersloh/München 2006 

12 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, nicht bezifferte Seite neben S. 34.

13 - vgl. Karl Rehberg, Erinnerungen an die Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik Berlin 13 1936-1946,

in: Zeitschrift für Musikpädagogik, Jg. 7 (1982) 18, S. 17 

14 - s. Landesverwaltungsamt Berlin, Akte II A 227 Gertrud Bieder, S.4: Geburtsurkunde Eugen Bieder 

15 - s. Borda, Kathrin: Staatliche Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik 1934-1945 (Direktor Eugen Bieder), Diplomarbeit im Fach Kirchenmusik, Sommersemester 2003, S. 36 

16 - s. LVA Bln, a.a.O., S.11: Schreiben des Provinzialschulkollegiums Berlin-Licherfelde vom 19.4.1925 

17 - s. Borda, Kathrin, a.a.O., S. 36 

18 - s. LVA Bln, a.a.O., S.14: Ernennung durch den Preußischen Ministerpräsidenten vom 13.9.1933, der preußische Minister für Wissenschaft, Kultur und Volksbildung vom 13.9.1933

19 - s. LVA Bln, a.a.O., S. 15: Ernennung durch den Führer und Reichskanzler, der Reichs- und Preußische Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 6.8.1935 mit Wirkung vom 1.4.1935 

20 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 1 und S. 33 

21 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, S. 110 

22 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, S. 430 

23 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 30, S. 196, Nr. 31, S. 314 und 378 

24 - s. LVA Bln, a.a.O., S. 2 

25 - s. LVA Bln, a.a.O., S. 85: Schreiben des Polizeipräsidenten in Berlin, Abteilung II vom 12.1.1957 an den Herrn Senator für Inneres Berlin-Wilmersdorf 

26 - s. NSDAP-Mitgliederkartei, in: BArch R 9631-IX KARTEI/2870838 

27 - s. LVA Bln, a.a.O., S. 32: Bescheinigung der „Staatlichen Hochschule für Musik in Hamburg“ vom 27.5.1952 

28 - s. LVA Bln, a.a.O., S. 23 und 24: Schreiben der Kulturbehörde der Hansestadt Hamburg, Staatliche Hochschule für Musik, vom 12.5.1952 und der Kulturbehörde Hamburg vom 14.5.1952 

29 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, S. 238 

30 - s. LVA Bln, a.a.O., S. 6: Heiratsurkunde Nr. 2/1943 des Standesamtes Berlin-Steglitz 

31 - s. LVA Bln, a.a.O., S.9 und 10: Geburtsbescheinigungen der Kinder 

32 - s. LVA Bln, a.a.O., Anlage 8: Sterbeurkunde des Standesamts Hamburg-Blankenese Nr. 267/52 vom. 10.4.1952 

33 - Fritz Jöde (1887-1970), Musikpädagoge und führende Persönlichkeit in der Jugendmusikbewegung 

34 - s. LVA Bln, a.a.O., Anlage 62: Anlage zum Schreiben des Staatskommissars der Hansestadt Hamburg für die Entnazifizierung vom 10.11.1955 an den Senator für Inneres Berlin-Wilmersdorf 

35 - s. Karl Rehberg, a.a.O., S. 17 ff 

36 - vgl. Chronik, a.a.O., Nr. 30, S. 85 für das WS 1941/42

37 - Ergänzung des Autors 

38 - vgl. Chronik, a.a.O., Nr. 30, S. 238 

39 - s. Chronik, a.a.O, Nr. 658, S. 4 

40 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 81 

41 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, Bd. 1, S. 108 

42 - Ergänzung des Autors 

43 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 30, nach S. 135 

44 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, s. 95 

45 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 226 

46 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 187; Nr. 659, Bd. 1, S. 109; Nr. 30, S. 222 (RB Nr. 16), S. 256 (RB Nr. 17); Nr. 31, S. 427 (RB Nr. 21); Nr. 32, S. 487, S. 495 (RB 22) 

47 - s. Albrecht Riethmüller, Stichwort Eggebrecht, Hans Heinrich, in: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil E-Fra, Kassel u.a. 2001 

48 - s. Claudia Maurer Zenck: Der „Fall Eggebrecht“ aus biographischer Sicht, in: Musik & Ästhetik, 17. Jg., Heft 67, Juli 2913, S. 56-76 

49 - s. felix-bloch-erben.de, Verlag für Bühne, Film und Funk Stichwort: Heinrich Riethmüller 

50 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, Bd. 2, S. 342; Nr. 30, S. 32, S. 116 (RB Nr. 14), S. 154, S. 169, S. 256 

51 - s. Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Rohrbein, Hugo Thiele: Hannoversches biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart; Schlütersche, Hannover 2022, S. 362 

52 - vgl. Chronik, a.a.O., Nr. 568, S. 259; Nr. 659, S. 125, S. 409; Nr. 30, S. 2, S. 148, S. 203 ff, S. 213/14 

53 - s. Claus Woschenko: Der Komponist Jens Rohwer (1914-1994), in: Die Tonkunst, Jg 2, Nr. 2, April 2008, S. 278 

54 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, S. 195 

55 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 71, S. 106ff, S. 126, S. 131, S. 161, S. 268 

56 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 276 f 

57 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, S. 207, S. 247, s. 345; Nr. 30, s. 134 

58 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 30, S. 153 

59 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 238 

60 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 13 , S. 142 

61 -  s. Chronik, a.a.O., Nr. 568, S. 181

62 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 103, S. 3, S. 13, S. 19, S. 32, S. 20; Nr. 31, S. 312; Nr. 659, S. 111, S. 155 

63 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 659, S. 23 f 

64 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 658, S. 269 

65 - s. Chronik, a.a.O., Nr. 31, S. 437 

66 - s. zvab.com (Zentralverband antiquarischer Bücher), Stichwort: Hermann Halbig 

67 -  vgl. Karl Rehberg, a.a.O., S. 16

68 - Hermann Halbig: Selbstunterrichtsbriefe Methode Rustin: Geschichte der Musik, Teil II. Von 1750 bis zur Gegenwart, herausgegeben vom Rustinschen Lehrinstitut. Verlag Bonness & Hachfeld/Potsdam und Leipzig 1941

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